07/28/2023 | Nachrichten | BLZK, Vorstand

3 Fragen an das Vorstandsmitglied Roman Bernreiter, M.Sc., M.Sc.

Vorstellung des BLZK-Vorstands 2022-2026

Wer sind die „Neuen“ im Vorstand der Bayerischen Landeszahnärztekammer? Warum engagieren sie sich ehrenamtlich für ihre Kolleginnen und Kollegen? Welche Lösungsansätze verfolgen sie bei den wichtigsten standespolitischen Problemfeldern? In der Serie „3 Fragen an …“ im Bayerischen Zahnärzteblatt (BZB) kommen die neugewählten Vorstandsmitglieder der Berufsvertretung der bayerischen Zahnärzte zu Wort – in diesem Artikel Roman Bernreiter, M.Sc., M.Sc.

BZB: Die zahnärztliche Selbstverwaltung lebt vor allem vom ehrenamtlichen Engagement. Wie sind Sie zur Standespolitik gekommen und was motiviert Sie, sich für Ihren Berufsstand einzusetzen?

Bernreiter: 2003 wurde ich Obmann im Landkreis Regen. Ich kam dazu „wie die Jungfrau zum Kind“. Mein Vorgänger Ludwig Festl trat nicht mehr zur Wahl an und schlug mich als Nachfolger vor. Ich wollte zunächst ablehnen, aber die Kollegen wählten mich einstimmig und ließen mir quasi keine andere Wahl. Somit stand ich zum ersten Mal in standespolitischer Verantwortung.

Drei Jahre später sahen wir in der Region die Notwendigkeit, starke außerkörperschaftliche Strukturen aufzubauen. Zusammen mit einigen Kollegen vor Ort gründeten wir den Verein „Zahnärzte Bayerwald“ (ZÄB). Mittlerweile deckt diese Organisation ein 50 Kilometer langes Gebiet vom mittleren zum unteren Bayerischen Wald und bis zur Donau ab.

Außerdem war ich bis 2008 Mitglied des FVDZ und Delegierter der FVDZ-Landesversammlung. Wir, die sogenannte „Ehrenamtsgruppe“ des FVDZ, kämpften damals massiv gegen die Hauptamtlichkeit in der KZVB und waren der Appeasementgruppe des FVDZ ein Dorn im Auge. Um die Mehrheitsverhältnisse der FVDZ-Landesversammlung zugunsten der Hauptamtlichkeit zu verändern, wurden damals viele aufrechte Kollegen aus den verschiedensten Bezirken aus dem FVDZ „entfernt“. Die Bezirksgruppe Niederbayern flog sogar komplett raus.

2008 war ich dann Gründungsmitglied der Freien Zahnärzteschaft, deren Vorsitzender ich seit 2011 bin. Ich habe mich vor allem auf regionaler Ebene stark engagiert. Mit den „Bayerwaldzahnärzten“ bildeten wir einen standespolitischen Gegenpol. Die Pandemie mit all ihren negativen Folgen für die Kollegen in den Praxen und die massiven Probleme bei der Maskenbeschaffung haben mich schließlich motiviert, mich nach langer Abstinenz wieder auf Landesebene zu engagieren. Zusammen mit mehreren Kollegen, die genau wie ich von der bayerischen Standespolitik enttäuscht waren, schlossen wir uns vor einem Jahr zusammen und gründeten die neue standespolitische Gruppierung der Basiszahnärzte Bayern (BZÄB), die auch bei den Körperschaftswahlen angetreten ist. Über den großen Erfolg und die Unterstützung der bayerischen Kollegen haben wir uns sehr gefreut.

Die Motivation, mich in der BLZK zu engagieren, liegt natürlich auch im großen Zuspruch der bayerischen Kollegen bei den Körperschaftswahlen begründet. Jetzt müssen wir liefern, das spornt enorm an. Das Gen für die Politik wurde mir übrigens von meinem Vater in die Wiege gelegt. Er war ebenfalls Zahnarzt und viele Jahre Erster Bürgermeister von Zwiesel. Ich selbst bin seit Studienzeiten Mitglied der Freien Wähler und habe mich damals vor allem auf kommunaler Ebene engagiert.

BZB: Der Zahnarztberuf unterliegt einem ständigen Wandel. Wo sehen Sie momentan die größten Problemfelder und den meisten Handlungsbedarf für die Standespolitik?

Bernreiter: Die drei größten Problemfelder sind für mich eine vollkommen antiquierte GOZ, der rasch zunehmende Fachkräftemangel und die Gefahren durch die elektronische Gesundheitsakte. Standespolitisch sehe ich auch noch ein großes Problem in dem aus meiner Sicht sturen Verbandsdenken mancher Kollegen. Das hat uns in den letzten zwei
Jahrzehnten mehr ausgebremst als genutzt.

Zunächst zur GOZ: Die Ampelkoalition hat bereits im Dezember 2022 erklärt, dass für uns Zahnärzte keine Punktwerterhöhung vorgesehen ist – übrigens ein Armutszeugnis für die FDP, die aus meiner Sicht kaum mehr als liberale, bürgerliche politische Kraft wahrzunehmen ist. Dennoch müssen wir weiter hartnäckig an diesem Thema dranbleiben. Zugleich müssen wir nach weiteren Möglichkeiten suchen. Es ist nicht verboten, Rechnungen über dem 3,5-fachen Faktor zu stellen. Viele, auch ich, waren hier aber in der Vergangenheit noch zu zögerlich. Zuzahlungen, die bei einem schlechter situierten GKV-Patienten seit 20 Jahren gelebte Normalität sind, dürfen auch bei einem gut situierten Privatpatienten kein Tabu mehr sein. Aufgabe der Standespolitik wird es sein, die Kollegen mit aller Kraft zu unterstützen – vor allem gegenüber der Politik. Der stellvertretende Bayerische Ministerpräsident Hubert Aiwanger zeigte bei unserem Antrittsbesuch großes Verständnis dafür, dass künftig auch die bayerischen Beamten mit regelmäßigen Zuzahlungen bei der Zahnbehandlung rechnen müssen. Zum anderen möchten wir den Kolleginnen und Kollegen über das Referat Honorierungssysteme der BLZK die Möglichkeit zur zeitnahen Rechnungsprüfung bieten, damit sie schneller an ihr Honorar kommen.

Ein weiterer Baustein wird die Öffentlichkeitsarbeit sein. Entsprechende Faktorerhöhungen über dem 3,5-fachen Satz sollten in der Öffentlichkeit als Normalität und Notwendigkeit kommuniziert werden. Dabei gilt es, klarzustellen, dass unter dem Faktor 3,5 nur noch eine „Basiszahnmedizin“ möglich ist und keine moderne, minimalinvasive, digitale und hochwertige Zahnmedizin.

Der Mitarbeitermangel wird sich in den kommenden Jahren verstärken, wenn wir hier nicht schnellstens neue Strategien entwickeln. Imagefilme, Imagebroschüren, Messeauftritte kann man durchaus, wie schon bisher, bedienen. Zusätzlich gilt es, neue, bisher noch nicht gedachte Wege zu finden. Auf welchen Plattformen sprechen wir die heutigen Azubis an? Hier dürfen Plattformen wie Instagram oder TikTok kein Tabu sein. Auch Facebook, wo man aber eher die Müttergeneration anspricht. Das Hauptproblem liegt jedoch in der geringeren Anzahl von Schulabgängern. Deshalb werden wir nicht umhinkommen, unsere künftigen Azubis auch aus dem Ausland nach Deutschland zu holen. Dafür müssen wir geeignete Strukturen schaffen und Ideen entwickeln.

Das wohl schwierigste Problem wird die elektronische Patientenakte sein. Hier sind wir auf die Politik angewiesen. Daher sollten wir auf die gesellschaftlichen Gefahren einer unkontrollierten Speicherung von Krankheitsdaten aufmerksam machen. Es darf nicht sein, dass Anamnesen über KI bereits bei der Geburt zu 90 Prozent errechnet und analysiert werden können. Hier sehe ich für die Zahnärzte eine hohe gesamtgesellschaftliche Verantwortung.

BZB: Ihre Amtszeit geht vorerst bis 2026. Welche Ziele möchten Sie bis dahin erreichen?

Bernreiter: Zum einen möchte ich erreichen, dass die Abrechnung über dem 3,5-fachen Satz in allen Praxen gelebte Normalität wird. Daneben sollte es bis dahin gute integrative Strukturen für ausländische Auszubildende geben, die für eine gewisse Entspannung auf dem Personalsektor sorgen. Wünschenswert wäre es aus meiner Sicht, eine Partei zu finden, die die Telematik-Infrastruktur zu ihrem Thema macht.

Und nicht zuletzt möchte ich einen Beitrag dazu leisten,  dass die BLZK die Interessen der Basiskollegen wirksam nach außen vertritt. Dazu braucht es mehr Miteinander und weniger stures Verbandsdenken in der Standespolitik.


Vollständiger Artikel aus dem BZB

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